Der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (g-BA) legt in Förderbekanntmachungen die Schwerpunkte und Kriterien zur Vergabe der Finanzmittel aus dem Innovationsfonds fest und entscheidet über die eingegangenen Anträge auf Förderung. In einer Geschäfts- und Verfahrensordnung sind die Beratungsstrukturen und die Arbeitsweise sowie die Grundsätze der Förderverfahren festgeschrieben. Diese Geschäfts- und Verfahrensordnung bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit.
Das übergeordnete Ziel des Innovationsfonds ist es, die Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung qualitativ weiterzuentwickeln. Daher müssen alle Projekte, die der Innovationsfonds fördert, ein tragfähiges Evaluationskonzept umfassen. Diese Evaluation soll Erkenntnisse liefern, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in seine Richtlinien zur Gestaltung der Versorgung übernommen werden können oder dem Gesetzgeber als Grundlage für strukturelle Veränderungen des gesetzlichen Rahmens dienen können.
Neben den geförderten Themenfeldern „Besondere Versorgungssituationen“, „Patientensicherheit, Qualitätssicherung und -förderung“ und „Messung der Ergebnisqualität“ wurde auch ausgeschrieben zum Themenfeld „Entwicklung von Versorgungsstrukturen und -konzepten“ und in diesem Bereich zu „Behandlungsoptionen bei Resistenzen“. In diesem Themenfeld sollen Forschungsprojekte gefördert werden, die nicht nur die Ursachen der zunehmenden Resistenzentwicklung weiter analysieren, sondern auch gezielte Strategien und ggf. Alternativen entwickeln und anwenden, um dieser Problematik nachhaltig zu begegnen. Auch wenn z. B. Antibiotika nach wie vor als wirksamstes Mittel gegen bakterielle Infektionen gelten, gilt es vor dem Hintergrund voranschreitender Antibiotika-Resistenzen, andere Wege und Ansätze zur Bekämpfung von Infektionen bakteriellen Ursprungs zu beleuchten.
Eine vielversprechende Möglichkeit eines anderen Weges und Ansatzes zur Bekämpfung von Infektionen bakteriellen Ursprungs ist der therapeutische Einsatz von Bakteriophagen (Phagen, Viren, die ausschließlich spezifische Bakterien befallen und töten). Die Phagentherapie ist eine seit 100 Jahren bekannte Therapieform, die sich durch die Entdeckung der Antibiotika in der westlichen Welt nicht durchsetzen konnte.
Das im August 2018 durch den g-BA genehmigte Projekt „Praktikabilitätstestung der magistralen Herstellung von Bakteriophagen zur Therapie septischer Infektionen an der unteren Extremität (PhagoFlow)“ mit der Fördernummer 01VSF18049 untersucht, ob die heutigen biopharmazeutischen Möglichkeiten es erlauben, Phagenpräparate in der Krankenhausapotheke individuell auf den Patienten abgestimmt und noch rechtzeitig zum therapeutischen Einsatz zuzubereiten. Projektfokus sind durch multiresistente Erreger infizierte Wunden an Armen und Beinen. In der ersten Phase des Projektes wurden dazu aus verschiedenen Quellen Phagen isoliert, charakterisiert und in einer sogenannten Phagenbank gesammelt. Danach werden sie in einem biotechnologischen Verfahren so produziert, dass sie in gereinigter Form der Krankenhausapotheke als pharmazeutische Wirkstoffkomponente bereitgestellt werden können. Die zweite Projektphase hat die Patientenbehandlung zum Ziel. Zunächst werden Erreger aus dem Wundmaterial eines Patienten auf Phagenempfindlichkeit typisiert, vergleichbar einem Antibiogramm, und anschließend eine darauf abgestimmte Phagenzubereitung in der Krankenhausapotheke hergestellt. Das Projekt wird für drei Jahre mit insgesamt ca. 2,6 Millionen Euro gefördert.
Das Projekt soll wichtige Erkenntnisse über die Phagentherapie als Ergänzung der klassischen Antibiotikatherapie liefern, insbesondere in Fällen, in denen Patienten mit einem multiresistenten Erreger infiziert sind. Im Erfolgsfall wird in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Deutsche Monographie für die Herstellung der Phagen geschrieben und eine individualisierte Phagentherapie als Leistung der gesetzlichen Krankenkasse etabliert werden.